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Buch-Tipp: Warum französische Kinder keine Nervensägen sind

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Buch-Tipp: Warum französische Kinder keine Nervensägen sind

Mit Erziehung scheint es wie mit dem Geschmack zu sein. Man kann darüber nicht streiten. Man kann aber wunderbar darüber verzweifeln - wie sich anderer Leute Kinder benehmen.

Ist Erziehung aber auch gleich ein viel zu starkes Wort?

Geht es nicht heutzutage vor allem um die gezielte, möglichst frühzeitige und allumfassende Förderung all der kleinen Hochbegabten? Und sollten sie nicht hoch genug begabt sein, hilft ja vielleicht der richtige Drill, kaum dass sie sprechen und laufen können. Terminpläne, die denen von Top-Managern in nichts nachstehen, sind keine Seltenheit beim Nachwuchs.

Was nun Pamela Druckerman in Paris widerfährt, und was sie dort lernt, ist für diejenigen, die Erziehung verstehen, wie soeben beschrieben, durchaus zum genauen Lesen empfohlen.

Wer allerdings nicht darauf aus ist, seine möglicherweise bereits bestehenden Vorurteile gegenüber speziell amerikanischer „Erziehung“ und Lebensweise auf bitterböse Weise bestätigt zu sehen, der sollte um das Buch einen Bogen machen.

Denn in der Hauptsache geht es darum, dass Pamela Druckerman offenbar dringend notwendige Erweiterungen ihrer zuvor stark beschränkten Weltsicht und ihres bedenklichen Menschen(kinder)bildes erhält. Als Amerikanerin, die zudem mit der Einordnung einiger familiärer, jüdischer Traditionen in ihr modernes Leben hadert, gerät sie nach Paris. Damit nicht genug, ist ihr Partner ein Brite - durch und durch.

Zwangsläufig stößt sie auf enorme kulturelle Unterschiede auf jeder Ebene ihres neuen Lebens. Das dann auch bald um eine Tochter bereichert wird - wobei eben dieser Reichtum eher Last, als Lust ist - und über lange Zeit zudem vom Unverständnis geprägt, warum das bei all den französischen Eltern im Umfeld so vollkommen anders, so vollkommen besser läuft.

Irgendwann beschließt Pamela Druckerman dem Ganzen systematisch auf den Grund zu gehen. Wo gesunder Menschenverstand nicht hilft (zur Erinnerung, sie ist Amerikanerin), hilft möglicherweise pragmatisch, zielgerichtete Analyse.

Und siehe da, ihre Erkenntnisse sind zunehmend dramatisch und verändern nicht nur das Leben der Autorin selbst, sondern verbessern das Leben ihrer weiter wachsenden, nun immer mehr französisch lebenden Familie auf bemerkenswerte Art und Weise.

Was da so alles weshalb passiert und auf welche Ursachen und Wirkungen Pamela Druckerman stößt und welche Schlussfolgerungen sie zieht, ist dann durchaus lesenswert - auch wenn man sich oft vor den Kopf schlagen mag, angesichts der Positionen, die Frau Druckerman so mitbringt und aus ihrer Heimat beschreibt.

Erziehungsgeheimnisse öffnet das Buch dem überwiegenden Teil europäischer (nicht nur französischer) Leser somit nicht. Die beim Lesen erfolgende Reflektion auf eigenes Verhalten schadet jedoch in keinem Fall. Und auch die eingangs beschriebenen Tendenzen sind ja nicht auf Nordamerikanische Wunderkindmacher beschränkt.

Buchdaten:

Pamela Druckerman

Warum französische Kinder keine Nervensägen sind

Erziehungsgeheimnisse aus Paris

Verlag: Mosaik

ISBN: 978-3-442-39245-2

€ 9,99 Taschenbuch / 17,99 gebundene Ausgabe

 


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