
Tilo Esches bildgewaltige Inszenierung von FAUST IN URSPRÜNGLICHER GESTALT feierte am 11. März Premiere auf der Großen Bühne des Senftenberger Theaters
Faust glaubt nicht mehr daran, dass es noch Dinge gibt, die ihn überraschen können. Seines Lebens überdrüssig, taucht er in einer mysteriösen Bar in seine Erinnerungen ab und trifft den Teufel persönlich. Der gewährt Faust einen Blick in eine düstere Zukunft. Die persönliche Katastrophe sei nur abzuwenden, so Mephisto, wenn er einen Pakt eingehe.
Wie in Goethes späteren Bearbeitungen des Stoffes erleben wir auch in dieser ersten Fassung den Gelehrten auf der verzweifelten Suche nach Sinn und Wahrheit, die ihn über die Grenzen des Verstandes hinausführt. Im Zentrum steht die Frage: Sind wir in der Lage das Richtige und Falsche zu erkennen oder treffen wir am Ende doch die falsche Wahl?
Fragmente und Versatzstücke
Der Text, auf den die Senftenberger Inszenierung zurückgreift, entstand zwischen 1772 und 1775. Goethe selbst hat sein Manuskript offensichtlich vernichtet. Doch Jahrzehnte nach dem Tod des Dichters tauchte im Nachlass des Weimarer Hoffräuleins Luise von Göchhausen eine als URFAUST titulierte Abschrift des Textes von 1777 oder 1778 auf, die Erich Schmidt 1887 als FAUST IN URSPRÜNGLICHER GESTALT veröffentlichte. In späteren Jahren distanzierte sich Goethe von seinem fragmentarischen Frühwerk und nannte es ein „höchst konfuses Manuskript“. Diese Fragmenthaftigkeit macht einen starken inszenatorischen Zugriff im Erschließen des Stückes einerseits notwendig, öffnet den Text andererseits auch gegenüber einem solchen.
Triumph des Teufels?
Die Gretchentragödie und die Gelehrtentragödie, die in Faust I später eine tragende Rolle spielen sollen, sind schon im URFAUST in ihren Grundmustern angelegt. Die Gretchentragödie aber beginnt in dieser Urform des Stückes äußerst unvermittelt, wenn Faust Gretchen eher zufällig auf der Straße begegnet. Die Gelehrtentragödie wird von Goethe noch sehr kurz umrissen, und die Szene, in der Faust und Mephisto einen Pakt in Form einer Wette schließen, fehlt eigentlich noch ganz. In gewisser Weise hat Tilo Esche den Pakt wieder eingefügt, wenngleich der Gegenstand der Wette zwischen Faust und Mephisto hier ein anderer ist. Auf dem Spiel stehen das Scheitern des freien Willens und der Triumph des Teufels.
Groteske und Horror
Neben Elementen aus dem Phantastik- oder Horrorgenre ist eine schräge Komik wesentlicher Bestandteil der Inszenierung. Goethe hatte bei Shakespeare die Mischung von Ernst und Spaß entdeckt. Dieses Spannungsverhältnis fließt auch in Teile seines URFAUST ein. Besonders in der rauschhaften Szene in Auerbachs Keller verwendete Goethe die Kombination des Tragischen mit dem Komischen.
Premiere:
Samstag,11. März 2017, 19.30 Uhr, Hauptbühne Senftenberg
Weitere Aufführungen:
Freitag, 31.03.2017, 19.30 Uhr, Hauptbühne Senftenberg
Mittwoch, 12.04.2017, 19.30 Uhr, Hoyerswerda