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Keine Löschversuche beim Deponienbrand in Brożek? Erste Luftmessergebnisse liegen vor

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Keine Löschversuche beim Deponienbrand in Brożek? Erste Luftmessergebnisse liegen vor

Der anhaltende Brand der Deponie in Brożek Brożek (Polen) nahe der deutschen Grenze bei Forst und Bademeusel wirft bei Bürgern immer weitere Fragen auf. In Grenznähe zieht Qualm durch die Ortschaften, der teils heftigen Gestank mit sich bringt. Zur Untersuchung der Luft haben am Montag Experten der BASF Schwarzheide Messungen im Stadtgebiet von Forst und Groß Bademeusel vorgenommen. Untersucht wurden Stoffe wie z.B. Salzsäure, Blausäure und Chlor. Alle Messwerte lagen unterhalb der jeweiligen Bestimmungsgrenzen und unterhalb der bekannten Expositionsgrenzwerte. Gemäß dem Sprecher der BASF Schwarzheide GmbH, Herrn Arne Petersen, ist somit davon auszugehen, dass bezüglich der gemessenen Brandgaskomponenten keine akute Gesundheitsgefährdung besteht. Die weitere Analyse der Forster Messdaten erfolgt durch die Firma Ergo Umweltinstitut Dresden. Die Ergebnisse werden für kommende Woche erwartet. Am 13.03. hatte sich der Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Schulze (CDU) bereits kritisch geäußert: „Es kann nicht sein, dass die Behörden im Land Brandenburg seit drei Wochen nicht in der Lage sind, genaue Messungen der Luft vorzunehmen. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf diese Informationen.“

Rauchschwaden ziehen Nachts durch Groß Bademeusel und verunsichern AnwohnerUnterdessen haben sich polnische und deutsche Bürger am 13.03.2017 in Brożek umgesehen und der BUND hat eine Unterschriftenaktion gestartet. Im Aufruf heißt es: "Auch die polnischen Bürger kämpfen seit Wochen auf sehr einsamen Posten, wie wir am 13.03. von einer engagierten polnischen Nachbarin hörten!! Wir erwarten, dass sich der anwesende Bundestagsabgeordnete Herr Dr. Schulze (CDU) für diese genannten Belange aktiv grenzübergreifend einsetzt." Einige waren vorgestern gegen 20 Uhr vor Ort und berichten, "dass der Brand auf der gesamten Müllkippe unverändert groß ist, keinerlei Löschaktivitäten zu sehen sind und beidseitig der Neiße bis zum Forster Bahnhof starker Gestank wahrzunehmen war." In Forst war auch Klaus-Peter Schulze, der sich vor Ort mit Einwohnern der Stadt und sprach mit ihnen über die anhaltende Geruchsbelästigung und die durch die Dämpfe hervorgerufenen gesundheitlichen Einschränkungen. Zudem wurde ihm berichtet, dass die Brände auf der Deponie nicht bekämpft, sondern vielmehr weiter angefacht werden. „Hier muss auf die polnischen Behörden eingewirkt werden, damit der Brand schnellstmöglich gelöscht wird“, so der Bundestagsabgeordnete.

Im Nachgang zu seinem Besuch in Forst kontaktierte Schulze, der Mitglied des Umweltausschusses ist, das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Er fragte nach der Zuständigkeit im Hinblick auf die durch den Brand verursachten Emissionen und wurde an die Behörden des Landes Brandenburg verwiesen. Darüber hinaus erkundigte sich der Abgeordnete, ob von Bundesseite auf eine unverzügliche Brandbekämpfung hingewirkt werden könnte. Leider sei dies jedoch nicht möglich.

Schulze wandte sich anschließend an die Staatskanzlei des Landes Brandenburg. Er bat um Auskunft, wer im Land Brandenburg über die technische Ausrüstung verfügt, um entsprechende Messungen der Luft durchzuführen. Darüber hinaus regte er die Aktivierung einer bereits bestehenden deutsch-polnischen Umweltgruppe an. Diese soll auf eine unverzügliche Brandbekämpfung hinwirken und damit den Ausstoß der belastenden Emissionen im deutsch-polnischen Grenzgebiet beenden.

Viele Bürger machen sich Sorgen, was im Boden der Deponie lagern könnte. Auf dem Gelände war bis zum Ende des zweiten Weltkriegs die Sprengchemie Forst-Scheuno aktiv. Die Sprengstofffabrik diente zur Herstellung von Munition aus Nitroglyzerin. Nach Ende des Krieges wurden die Anlagen demontiert und zu Reparationszwecken in die Sowjetunion gebracht. Ob und wieviel Kriegsmunition, Pulverrückstände oder hochexplosive Sprengstoffrückstände in den Kriegswirren von 1945 und davor im Boden geblieben sind ist nicht klar und verunsichert nun Anwohner auf beiden Seiten der Neiße.

Geschichte des Geländes bei Brożek laut Wikipedia:

Die Sprengchemie Forst-Scheuno war eine in der Zeit des Nationalsozialismus ab 1938 südöstlich der Stadt Forst (Lausitz) in der damaligen preußischen Provinz Brandenburg errichtete Sprengstofffabrik. Sie befand sich östlich der Lausitzer Neiße nahe der heutigen Autostrada A18 im Ortsteil Forst-Scheuno (heute Brożek). Die Deutsche Sprengchemie GmbH betrieb die Anlage. Sie diente zur Herstellung von Munition aus Nitroglycerin. Das 550 Hektar große Areal umfasste circa 400 Gebäude, 80 km Straße und 36 km Gleise. Die erste Pulverauslieferung fand 1941 statt. Zu Spitzenzeiten arbeiteten 1.400 bis 2.000 Arbeiter, darunter auch Zwangsarbeiter sowie KZ-Häftlinge, im Zweischichtsystem in der Fabrik. Mit Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Gebiet östlich der Lausitzer Neiße unter polnische Verwaltung gestellt. Die Maschinen und Anlagen der Sprengstofffabrik wurden zu Reparationszwecken demontiert und in die Sowjetunion gebracht. Ab 1959 ging das Gelände in polnischen Besitz über, die Gebäude wurden entkernt. In der Zeit von 1963 bis 1989 dienten einige Gebäude der polnischen Staatsreserve, so wurden unter anderem Zucker, Salz und Getreide eingelagert.

Seit dem Zusammenbruch des Ostblockes ist das Gelände frei zugänglich. Auf dem Gelände der ehemaligen Sprengfabrik siedelten sich kleinere Unternehmen, sowie eine Paintball-Anlage an. Des Weiteren werden Führungen angeboten. Durch das offene Gelände und die Tatsache, dass sich vor allem in unterirdischen Bunkeranlagen noch immer hochexplosive Sprengstoffe und -materialien befinden können, gab es auch in jüngerer Zeit Todesfälle. 2004 wurde ein Versuch unternommen, die Sprengstoffüberreste von Soldaten der polnischen Armee entfernen zu lassen, dabei wurden rund drei Viertel der Fläche untersucht.

 


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